Knut Dethlefsen schreibt in seiner Vorwärts-Kolumne warum der Zollstreit mit den USA Europa am Ende stärken könnte, wenn es jetzt richtig reagiert.
Hinweis: Eine Kurversion des Textes erschien am 2. Juli im Vorwärts, Ausgabe 3/2025.
Der Handelskrieg von Trump wird Europa stärken, wenn die Europäer die richtigen Weichen für den eigenen Wirtschaftsraum stellen. Die Europäische Union ist nun gezwungen ihre wirtschaftlichen Interessen zu verteidigen. „Wir werden angegriffen“, stellt der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europäischen Parlament, Bernd Lange (SPD), Ende Juni in Brüssel fest. Jetzt gehe es erst einmal darum gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen der EU und den beiden größten Volkswirtschaften der Welt wiederherzustellen, betont er.
Die EU sieht sich seitens der Trump-Administration von umstrittenen Zöllen bedroht. Damit nicht genug. Auch China setzt den europäischen Wirtschaftsraum mit unfairen Maßnahmen unter Druck. Seit geraumer Zeit subventioniert die chinesische Regierung einen großen Teil seiner Industrieproduktion und bringt Überkapazitäten zu niedrigen Preisen auf den EU Binnenmarkt. Die EU setzt sich mit Schutzzöllen auf E-Autos zur Wehr. Worauf China schmerzhafte Exportkontrollen einführte, so zum Beispiel auf Seltene Erden. Diese Entwicklungen bremsen das wirtschaftliche Wachstum der EU und stellen eine ernsthafte Bedrohung für Industrie, Arbeitsplätze und Arbeitnehmer dar.
Bis zum 9. Juli muss eine Einigung mit den USA erzielt werden. Die US-Regierung hat die erst am 9. April 2025 in Kraft getretenen, unterschiedlichen Zusatzzölle für den Import von Waren aus diversen Ländern am Folgetag für 90 Tage ausgesetzt, um Verhandlungsspielraum zu schaffen. Die Verhandlungen gestalten sich schwierig und die Unsicherheit bleibt bestehen – nicht zuletzt, da die Trump-Administration die regelbasierte internationale Handelsordnung der Welthandelsorganisation faktisch nicht mehr anerkennt, obwohl die USA diese einst selbst geschaffen hatte.
Die deutsche Industrie könnte durch ein weiteres US-Zollpaket mittelfristig um 2,8 Prozent schrumpfen, so eine neue Ifo Studie. Die deutschen Exporte in die USA würden demnach um 38,5 Prozent einbrechen. Besonders gefährdet sind Industriezweige, die stark vom Export in die USA abhängig sind, etwa die Automobilindustrie und ihre Zulieferer. Andrea Nahles, Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, warnt vor einer massiven Gefährdung deutscher Arbeitsplätze durch die Trump-Zölle. Bis zu 90.000 Arbeitsplätze seien in Gefahr. Die IG Metall mahnt daher, dass die großen Verlierer im Zollstreit die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – auf beiden Seiten des Atlantiks – sein könnten. Unternehmen werden den durch Zölle entstandenen Kostendruck voraussichtlich auf die Beschäftigten abwälzen, etwa durch Stellenabbau oder Kürzungen bei Löhnen und Sozialleistungen. Hinzu kommt, dass der Zollstreit mit den USA zu einem Anstieg der Lebenshaltungskosten führen könnte. Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer und Verbraucher müssten dann mit höheren Ausgaben rechnen.
Will die EU ihre Interessen wirksam verteidigen, muss sie nun Geschlossenheit demonstrieren. Das bedeutet einheitliches Auftreten und interne Kohärenz, um nach außen Stärke zu zeigen. Die EU muss sich institutionell in die Lage versetzen, handelspolitische Konflikte durchzustehen ohne dabei zentrale Prinzipien, wie Vertragstreue, Rechtssicherheit und Vertrauensschutz für kurzfristige Vorteile aufzugeben. Gelingt das, wird die EU nach innen wie außen gestärkt, aber auch als Wirtschaftspartner und Inverstitionsstandort attraktiver.
Die Diversifizierung von Lieferketten und Handelsströme wird nun mit Blick auf den transatlantischen Handel von großer Bedeutung sein, um die möglichen Verluste dort auszugleichen und zukünftige Risiken zu reduzieren. Die Europäische Kommission führt daher derzeit Verhandlungen über neue Handelsabkommen mit unzähligen Staaten, die Zahl der bilateralen Handelsabkommen soll von 40 auf 70 erhöht werden. Pragmatischer und verlässlicher Multilateralismus ist das Gebot der Stunde und die europäische Wirtschaft wird global viel besser vernetzt sein, ein großer Vorteil für die Zukunft.
Um unsere Resilienz und Unabhängigkeit mittel- bis langfristig zu stärken, muss die EU digitale Souveränität erreichen, Datenschutz konsequent durchsetzen und einen anderen Umgang mit den Tech-Giganten finden. Während die EU mehr Waren in die USA exportiert als von dort importiert, sind die Rollen bei Dienstleistungen umgekehrt. Europäische Unternehmen transferieren durch den Kauf von Cloud- und Softwarediensten jährlich schätzungsweise 264 Milliarden Euro in die USA. Dies stellt ein Sicherheitsrisiko dar und kostet die EU-Wirtschaft Arbeitsplätze und Wachstum. Diese digitale Abhängigkeit untergräbt auch zentrale Werte der EU - wie Demokratie, Transparenz, Datenschutz und fairen Wettbewerb. Viele der großen Technologieunternehmen wie Google, Amazon, Facebook und Microsoft wurden wiederholt wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens sowie der illegalen Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten von Bürgern und Arbeitnehmern mit Geldstrafen belegt. Die EU täte gut daran, mehr strategische Autonomie auf entscheidenden Ebenen der Technologieentwicklung -etwa bei Cloud-Diensten - aufzubauen. Sie verfügt über die Mittel, um gezielt in die digitale Infrastruktur zu investieren. Das würde Europas Fähigkeit zu autonomem Handeln stärken und zugleich das wirtschaftliche Wachstum fördern.
Ja, wir müssen uns vor aggressiven handelspolitischen Taktiken der USA schützen und den USA deutlich machen, dass die EU keine Bedrohung für die USA darstellt. Vor allem müssen wir uns auf unsere eigene Stärke besinnen. Dies erfordert eine bessere Koordinierung innerhalb der EU, eine größere Akzeptanz von staatlichen Beihilfen und eine aktive Industriepolitik. Die EU sollte ihre industrielle Basis schützen und gezielt stärken. Darüber hinaus sollte die EU die Handelsintegration zwischen den Mitgliedstaaten weiter vertiefen, um unabhängiger von globalen Handelsströmen zu werden. So könnte aus den Angriffen eine stärkere Europäische Union erwachsen.
Knut Dethlefsen leitet das Kompetenzzentrum Zukunft der Arbeit der Friedrich-Ebert-Stiftung in Brüssel. Zuvor leitete er die Büros der FES in Washington, D.C, Warschau, Ost-Jerusalem und Shanghai.
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